Geschichte der Kreuzkirche

Chronologie:

24. November 1962: Grundsteinlegung
01. Dezember 1963: Einweihung
22. Juli 20218: Abschieds-Gottesdienst der Gemeinde von der Kreuzkirche mit anschließendem Empfang
02. April 2022: Entwidmungsgottesdienst mit Regionalbischof Klaus Stiegler und Dekan Jörg Breu

Kreuzkirche: Eine besondere Gemeinde im Stadtosten

Am 24. November 1962 wurde am östlichen Stadtrand von Regensburg der Grundstein für eine neue evangelische Kirche gelegt: Hier, am Hohen Kreuz, wurde die Kreuzkirche errichtet und ein Jahr später, am ersten Sonntag im Advent, am 1. Dezember 1963, feierlich eingeweiht. Von einem alten gotischen Steinkreuz an der Straubinger Straße leiten sich der Flurname "Am Hohen Kreuz" und die Bezeichnung des Stadtteils ab.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde hier ein Internierungslager errichtet, für das 1946 eine Barackenkirche gebaut wurde. Viele Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Ostgebieten und aus Südost-Europa fanden nach 1948 in dem ehemaligen Gefangenenlager eine vorübergehende Bleibe, in der Barackenkirche wurden regelmäßig katholische, orthodoxe und evangelische Gottesdienste gefeiert. Nachdem die Zahl der evangelischen Christen in Regensburg durch die Ansiedlung vieler Flüchtlinge stark angestiegen war, wurde der Bau neuer Kirchen nötig, so auch "Am Hohen Kreuz".

Die Kreuzkirche mit ihrem Pfarrhaus und Gemeindehaus gehört zwar zur Gemeinde der Neupfarrkirche im Stadtzentrum, die Arbeit hier im Stadtosten ist aber von Anfang an durch die Betreuung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Spätaussiedlern und Asylbewerbern geprägt. Auch die Siebenbürger Sachsen fanden in der Kreuzkirche ein Zentrum und bereichern das Gemeindeleben mit ihrem Posaunenchor und Sängerkreis, ihrer Volkstanzgruppe und vor allem mit ihrem Kronenfest, das jährlich im großen Garten des Pfarrhauses gefeiert wird.

Architektur und Innenausstattung der Kreuzkirche

Der Grundriss des Kirchenschiffes (Architekt Franz Gürtner, München) bildet ein gleichseitiges Dreieck mit stumpf abgeschnittenen Ecken. Dieses Grundmotiv findet sich in vielen Details der Kirche wieder: in der Form des sechseckigen Taufsteins und der Kanzel, in den Fenstern, in den Emporenverzierungen, sogar in den Türgriffen und den Liedtafeln. Das Schiff ist mit einem Dach in Zeltform überdacht, dessen Spitze 15 Meter über dem Boden liegt. Der Turm ist nach Westen abgesetzt, aber mit dem Schiff durch die Sakristei verbunden. Der kupferbeschlagenen Eingangstür gegenüber befindet sich der Altar aus dunklem Wallenfelser Marmor. In Blickrichtung zum Altar steht links die Kanzel, rechts der Taufstein aus blaugrauem Jura. Der Bodenbelag ist zweifarbig aus Wallenfelser Marmor und Solnhofener Platten Die Holzverschalung der Dachuntersicht ist in Rotpinie ausgeführt. Die Emporenbrüstung aus Sichtbeton ist mit Jurasteinplatten belegt.

Auf die Gestaltung des Altarkreuzes (durch Fritz Heidingsfeld) war besonders Wert gelegt worden: In Glasmosaik eingelegt ist am ein Meter hohen Längsbalken die Gestalt des Gekreuzigten zu sehen, zu seinen Füßen das Fischsymbol. Am 85 Zentimeter langen Quebalken sind die Elemente des Abendmahls, Brot und Wein, durch Ähren und Trauben symbolisiert. Ein farbiges Fenster über dem Altar stellt das himmlische Jerusalem mit seinen Toren dar. Über dem Eingangsportal ist ebenfalls ein Mosaik angebracht, das in Form einer Arche die Kirche symbolisieren soll.

Die Glocken der Kreuzkirche:

  • Christusglocke mit dem Bibelvers Johannes 3, 16 - Ton f ', Gewicht: mehr als eine Tonne.
  • Gebetsglocke mit dem Bibelvers Matthäus 7,7 - Ton as ', Gewicht: fast 600 kg, ertönt morgens, mittags, abends.
  • Taufglocke mit dem Bibelvers Markus 10,14 - Ton b, Gewicht: mehr als 400 kg, ertönt abends und zu den Gottesdiensten.
  • Friedensglocke mt dem Bibelvers 1. Petrus 3,14 - Ton des '', Gewicht: 260 kg, ertönt zu den Gottesdiensten. 

22. Juli 2018: Abschied von der Kreuzkirche

Ein jegliches hat seine Zeit: Diese Feststellung aus dem Alten Testament zog sich als roter Faden durch die Predigt, die Pfarrer Thomas Koschnitzke beim Abschiedsgottesdienst von der Kreuzkirche hielt. Als sie vor 55 Jahren eingeweiht wurde, wuchs die Bevölkerung im Regensburger Stadtosten. Die evangelisch-lutherische Kreuzkirche wurde zur Heimat für viele Flüchtlinge, Vertriebene und Spätaus-siedler. „Kirchenaustritt“ war damals ein Fremd-wort. Ganz anders heute. Immer weniger Menschen fühlen sich an die Kirchen gebunden, die Gemeinden müssen ihre Kräfte bündeln. Auch die Gemeinde der Neupfarrkirche, zu der die Kreuzkirche gehört. Das Geld ist knapp, die Zahl der Ehrenamtlichen überschaubar. Deshalb habe sich der Kirchenvorstand nach jahrelanger Diskussion schließlich dazu durchgerungen, Abschied von der Kreuzkirche zu nehmen. Pfarrer Koschnitzke ging auch auf die Kritik an diesem Schritt ein. So seien manche traurig und verletzt, andere auch verbittert und wütend,  „aus einer Kirche zuzurückzuziehen, das tue man nicht, gerade dann nicht, wenn in der Nähe eine Moschee gebaut wird“. Doch viele haben auch die Notwendigkeit dieser Entscheidung erkannt. Und: Die Kreuzkirche bleibt Kirche - weiter werden dort Schulgottesdienste, die Gottesdienste der Siebenbürger Sachsen sowie die Christ-vesper gefeiert. Und die Altkatholische Gemeinde fühle sich nun hier zuhause. Wenn sich die evangelisch-lutherische Gemeinde aus der Kreuzkirche zurückziehe, werde nicht entwertet, was hier gewesen ist, sagte Pfarrer Koschnitzke. Die Türen der Kreuzkirche bleiben offen, versicherte auch Dekan Eckhard Herrmann und zitierte aus der Stellungnahme seines Vorgängers, Dekan Gottfried Schönauer: Er fühle mit denen, die lange mit der Kreuzkirche verbunden waren. Aber wir sollten alle akzeptieren, dass die Zeiten sich geänder haben. Beim anschließenden Empfang tauschte die Gemeinde Erinnerungen aus - Bedauern und Verständnis auch bei diesem wehmütigen Zusammensein.
 
Im Gemeindeblatt - Einlegre Nr. 3 / 2018 erläuterten Pfarrer Thomas Koschnitzke und Vertrauensfrau Sabine Freudenberg Gründe für den Abschied von der Kreuzkirche und den Weg hin zu dieser Entscheidung im Kirchenvorstand.
 

Alles hat seine Zeit: Abschied von der Kreuzkirche 

 

Sabine Freudenberg: Dieser Abschied lässt viele Erinnerungen wach werden, gerade weil er in ein Jahr fällt, in dem wir 55 Jahre Kreuzkirche hätten feiern können. Nun aber hat der Kirchenvorstand nach jahrelanger und eingehender Diskussion  beschlossen, am Sonntag, dem 22. Juli, im Gottesdienst um 9.30 Uhr liturgisch Abschied von der Kreuzkirche zu nehmen. An diesem 22. Juli werden wir keinen Gottesdienst in der Neupfarrkirche feiern, sondern die Gemeinde in die Kreuzkirche einladen und im Anschluss zu einem Empfang bitten, bei dem wir uns auch bei allen bedanken wollen, die über Jahre treu dabei geblieben sind.
Pfarrer Thomas Koschnitzke: Es fällt uns schwer,  uns aus der Kreuzkirche und dem Gemeindehaus zurückzuziehen.  Uns ist bewusst, dass dieser Einschnitt starke Gefühle auslöst: Wut, Trauer, Ärger und Angst vor Veränderungen. Gesellschaftliche Entwicklungen führen immer öfter dazu, dass Kirchengemeinden ihr Kirchengebäude nicht mehr in der vorhandenen Größe brauchen oder den finanziellen Aufwand für dessen Erhalt nicht mehr leisten können. Die Kreuzkirche wird weder abgerissen noch wird sie weltlich genutzt. Wir nehmen zwar Abschied, aber sie wird über dieses Datum hinaus weiterhin eine Kirche bleiben: für die Altkatholiken, die sich in ihr sehr wohl fühlen, von den Siebenten-Tags-Adventisten, die in ihr die Zeit bis zur Fertigstellung ihres Gemeindehauses überbrücken. Und: Die Gemeindegrenzen werden nicht verändert. Der Stadtosten gehört nach wie zu unserer Neupfarrkirchengemeinde.   Am 22. Juli nehmen wir dankbar Abschied von unserer Kirche, schauen dankbar zurück auf die vergangenen Jahrzehnte und erinnern uns an allen Segen und Trost, den Menschen in ihr erfahren haben. Bei allem Abschiedsschmerz darf nicht vergessen werden, dass Gemeinde nicht deckungsgleich ist mit dem Raum, in dem sie Gottesdienst feiert. In allen Ab- und Umbrüchen vertrauen wir auf Gott, dessen Gnade nicht am Ende ist, sondern alle Morgen neu.  S.F.: Als wir 2013, vor fünf Jahren, an die Anfangszeiten der Kreuzkirche erinnert haben, da wurde die Aufbruchsstimmung der 60er Jahre lebendig: Eine seit Jahren wachsende Gemeinde und die große Aufgabe, die vielen neuen Gemeindemitglieder zu integrieren, am neuen Stadtteil mitzubauen. Inzwischen aber sind sehr viele, die in den 50er, 60er Jahren zugezogen sind und die, die später aus Siebenbürgen und aus der früheren Sowjetunion zu uns kamen, wieder fortgezogen; denn das Hohe Kreuz war stets auch eine Übergangsbleibe für Flüchtlinge, Vertriebene und Spätaussiedler.
Pfr. K.: Gerade sie haben oft noch eine enge und treue Bindung an die Kreuzkirche und nehmen dafür weite Wege auf sich. Für viele war die Kreuzkirche das erste evangelische Kirchengebäude, das sie kennenlernten. Zuvor kannten sie nur Gottesdienste, die in Wohnzimmern und Küchen gefeiert wurden, ohne Altar, Kanzel, Taufstein. Es wird aber, wie es im Moment aussieht, weiter das Kronenfest der Siebenbürger im Juli und deren Adventsgottesdienst im Dezember geben, ebenso die Bibelstunden der Russlanddeutschen.
S.F.: Vieles ist weggebrochen, hat aufgehört in den letzten Jahren: Der Seniorenkreis hat sich aufgelöst, der ökumenische Gesprächskreis ebenfalls,  eine Taufe, eine Trauung, gab es in den letzten Jahren nur selten, die Zahl der Konfirmandinnen und Konfirmanden ist stark gesunken. Die Menschen, die in die Neubaugebiete von Candis und Marina Viertel ziehen, sind stadteinwärts orientiert und gehen lieber in die Neupfarrkirche. Die Zahl der Gemeindeglieder sinkt, die Gemeinde kann nicht mehr zwei Gemeindezentren unterhalten. So stellte sich der Kirchenvorstand die Frage, wie wir Zukunft gestalten, in welche Richtung wir aufbrechen wollen, um Menschen anzusprechen. Der Reformprozess der Landeskirche „Profil und Konzentration“ ist uns dabei Wegweiser: Es gilt, Schwerpunkte zu setzen, zeitlich überschaubares Engagement zu ermöglichen, mit anderen Gemeinden zusammenzuarbeiten. Die Neupfarrkirche als zentrale Innenstadtkirche mit bedeutender Geschichte und einer großen Anziehungskraft weit über die eigene Gemeinde hinaus legt nahe, die Gemeindeaktivitäten auf die Innenstadt zu konzentrieren. 
Pfr. K.: Die grundsätzliche Entscheidung, uns aus der Kreuzkirche zurückzuziehen, ist gefallen, zu klären bleiben organisatorische und personelle Fragen. Mit unserem Abschied übernimmt die Gesamtkirchenverwaltung die Verantwortung für das Grundstück und die Gebäude Deggendorfer Str. 21c. Sie entscheidet auch in der Frage der Übernahme durch eine andere Kirche. Der Abschied von der Kreuzkirche gehört zu einer Reihe von Veränderungen, die in der nächsten Zeit anstehen: Das Dekanatsbüro wird von der Pfarrergasse an den Ölberg umziehen. Die frei werdenden Räume in der Pfarrergasse werden für eine Bürogemeinschaft von Dreieinigkeits- und Neupfarrkirche genutzt werden. Und auch der Umzug des geschäftsführenden Pfarrers der Neupfarrkirche in die Pfarrergasse ist geplant.

02. April 2022: Gottesdienst zur Entwidmung der Kreuzkirche durch Regionalbischof Klaus Stiegler

Um 16 Uhr läuteten am Samstag die Glocken der Kreuzkirche zum letzten evangelisch-lutherischen Gottesdienst. Regionalbischof Klaus Stiegler schilderte in seiner Predigt die Bedeutung der Kreuzkirche für die Menschen im Regensburger Stadtosten: Viele von ihnen kamen aus Osteuropa, sie suchten eine neue Heimat, knüpften hier erste Kontakte und zogen häufig weiter. Und so besuchten im Fortgang der Jahrzehnte immer weniger Menschen die Gottesdienste, so dass die Gemeinde die Kirche nicht mehr halten konnte. Eine schwere und schmerzhafte Entscheidung für alle, die diese treffen mussten. Mit dem Verkauf des Geländes an das Evangelische Siedlungswerk werde die evangelische Präsenz im Viertel aber beibehalten. Am Ende des Gottesdienstes trugen Mitglieder des Kirchenvorstands sowie Regionalbischof Stiegler, Dekan Breu und Pfarrer Koschnitzke die Abendmahlskelche, die Weinkanne, die Taufkanne und die Bibel der Kreuzkirche aus dem Gebäude, das damit als Kirche entwidmet war.